Presse • 09.04.2006 • ARGEkultur Diskussion oder Inquisition? Zur Berichterstattung und den Reaktionen bezüglich der Kunstaktion "ER-Lösung? Eine Glaubensprozession". Anlässlich der Presseaussendung des ÖVP-Gemeinderatklubs Salzburg und der Presseaussendung der Erzdiözese Salzburg vom 7. April 2006 haben sich die Printmedien im Skizzieren einer Schauerveranstaltung am Karfreitag 2006 hervorgetan. Zuletzt meldete die Zeitung "Kurier" vom Sonntag, 9. April 2006: "Am Karfreitag soll eine nackt auf ein Holzkreuz gefesselte Frau vom Stadtzentrum zum Kulturzentrum ARGE getragen werden." Im journalistischen Eifer hat keine der berichtenden Zeitungen bei der verantwortlichen Veranstalterin ARGEkultur auch nur einmal nachgefragt, was an Karfreitag im Rahmen der Kunstaktion geschehen wird. Auch die ÖVP Salzburg und die Erzdiözese haben sich in dieser Angelegenheit nicht informiert. Das Sujet der Ankündigung, ein alles andere als obszönes oder religionsverhöhnendes Bild einer Frau am Kreuz wurde benützt um der Spekulation freien Lauf zu lassen. Die Verletzung religiöser Gefühle ist kein Ziel der Veranstaltung. Im Vorfeld der Veranstaltung gab es Gespräche mit Verantwortlichen von Dom und Franziskanerorden hinsichtlich der Uhrzeit des Beginns der Kunstaktion. Gerade um eine platte Provokation zu vermeiden, wurde die Uhrzeit 19.00 Uhr von den Veranstaltern gewählt, um nicht auf Besucherinnen und Besucher der Liturgie im Dom und der Matthäus-Passion im Festspielhaus (Beginnzeit jeweils 19.00 Uhr) zu treffen. Bei diesen Gesprächen wurde Herrn Prälat Sieberer von Marcus Hank (künstlerische Gesamtleitung des Projekts) versichert, dass der Domplatz im Rahmen der "Glaubensprozession" schweigend gequert wird und die zu künstlerischen Zwecken mitgeführten Trommeln erst wieder am Residenzplatz zum Einsatz kommen. Eine Störung der Liturgie sollte somit ausgeschlossen werden. Desweiteren gab es von Anfang an zum Themenkomplex "ER-Lösung? / Das Kreuz in der Kunst" eine geplante Diskussionsveranstaltung in Zusammenarbeit mit der Katholischen Hochschulgemeinde am 11. April 2006, 19.00 Uhr. Auf dem Podium sitzen: Dr. Barbara Wally (Sommerakademie), Prof. Dr. Gregor Hoff (Systematische und Fundamentaltheologie, Universität Salzburg), Prof. Dr. Dr. Sander (Dogmatik, Universität Salzburg) und Marcus Hank (Künstlerischer Leiter ARGEkultur). Die Presseaussendung der ÖVP hat die Veranstalter dazu veranlasst nun auch Frau Claudia Schmidt zu dieser Diskussionsrunde einzuladen. In der Vorbereitung zu dieser Diskussion wurden verschiedene VertreterInnen von Theologie und Kirche angefragt. Den Vorwurf einer "Religionsverhöhnung" hat es in diesem Zusammenhang nicht gegeben. In der Publikation KUNSTfehler Frühling/2006 der ARGEkultur (Erscheinungsdatum: 15. März 2006) gibt es einen Beitrag zum Thema "Geschlecht und Herrlichkeit", der sich mit der Problematik "Frau am Kreuz" sehr ernsthaft auseinandersetzt und in diese Erörterung die Arbeit von Frau Dorota Nieznalska miteinbezieht. Frau Dorota Nieznalska, die das "Opfer" in der "Prozession" spielt ist eine international anerkannte Künstlerin, die derzeit eine Ausstellung im renommierten Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg hat. Ihre gerichtliche Verfolgung in Polen hat die Veranstalterin ARGEkultur dazu veranlasst, sie als Darstellerin anzufragen. Ihre Installation "Pasja", eine Auseinandersetzung mit Männlichkeitswahn und religiöser Symbolik ist in Polen einer inquisitorischen Zensur zum Opfer gefallen. Zuletzt widerspricht die Aktion selbst dem Vorwurf einer platten Provokation. Das Projekt bearbeitet das Bild des Opfers. Das größte Opfer, dass die europäische Kultur geprägt hat ist das Opfer Jesus Christus am Kreuz. Ausgehend von diesem wird gerade in der säkularisierten Welt nach wie vor dieses Bild gebraucht wie missbraucht. Auch innerhalb der Kirche ist das Opferbild Jesus Christus ein sehr ernsthaft diskutiertes Thema. Der Weg von der Franziskanergasse zur ARGEkultur ergibt sich aus dem Inhalt des Projekts. Vom christlichen Bild des Opfertodes Jesus Christus hin zum säkularisierten Gebrauch/Missbrauch des Opferbegriffs in heutigen Zeit. Eine ernsthafte Auseinandersetzung über den Inhalt der Aktion findet derzeit nicht mehr statt. Den Schlagworten "Provokation" und "Religionsverhöhnung" fällt nun eine Kunstaktion und deren Inhalt zum Opfer. Den Veranstaltern wurde vor Verurteilung der Aktion keine Gelegenheit gegeben zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und sehen in dem Vorgehen einen inquisitorischen Umgang mit einem Kunstprojekt. Diese unseriöse Verfahrensweise und deren mediales Produkt haben bereits "Christen" ermuntert Drohungen gegen MitarbeiterInnen und die Institution ARGEkultur auszusprechen bzw. zu verschicken. Entgegen allen Spekulationen wird am Karfreitag während der Performance keine nackte Frau am Kreuz durch Salzburg getragen! Um das Richtigstellen zu können versuchen die Verantwortlichen der ARGEkultur nun einen Dialog mit der Erzdiözese herzustellen. Um einen Termin wurde am 8. April 2006 angefragt. Marcus Hank Künstlerischer Leiter der ARGEkultur Reaktionen auf „ER-Lösung“ in den Medien „Keine nackte Frau am Kreuz“ (DrehPunktKultur, 9.4.2006) Alltag am Karfreitag ist größere Provokation (ORF Salzburg, 10.4.2006) Erlösung? (fm4, 11.4.2006) Erlösung wird abgesagt (DrehPunktKultur, 11.4.2006) Auf zum Kripperlschauen! (DrehPunktKultur, 11.4.2006) Heiße Zensurdebatte um „gekreuzigte Frau“ (Der Standard, 11.4.2006) Prozession mit nackter Frau abgesagt (Die Presse, 12.4.2006) Zuerst denken, dann reden (DrehPunktKultur, 12.4.2006) Kulturschaffende und die Parteien (DrehPunktKultur, 12.4.2006) Eine notwendige Provokation? (DrehPunktKultur, 12.4.2006) „Glaubensprozession“ sorgt für Streit (Spiegel-Online, 12.4.2006) Die Macht im Kreuz (Salzburger Nachrichten, 13.4.2006) Statt ER-Lösung vom Opfer Erlösung durch ein Opfer (DrehPunktKultur, 13.4.2006) Die Radikalisierung des Christentums! (The Gap, 15.4.2006) © ARGEkultur