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JAHRESPROGRAMM 2021

Medienkunst

Die ARGEkultur hat den Bereich Medienkunst in den letzten Jahren vor allem durch Festivals – BASICS (bis 2014) und DIGITAL SPRING (2016 und 2018) – abgedeckt und damit vor allem ein recht homogenes, medienkunstaffines Publikum angesprochen. Der gesamtgesellschaftlichen Breitenwirkung, mit der digitale Medien unseren Alltag nahezu vollständig umgestaltet haben, wurde damit allerdings oft nicht ausreichend Rechnung getragen.   
Daher haben wir seit 2019 diese Konzentration auf zeitlich begrenzte Medienkunstformate ausgeweitet und stellen den Medienkunst-Bereich im Sinne eines kuratorischen Zugriffs auf das Veranstaltungsprogramm breiter auf: So werden ausgewählte Medienkunstprojekte – wie z.B. unser langfristig angelegtes digitales Projekt argeBOT – begleitend zu Veranstaltungen anderer Bereiche zu sehen sein.

Darüber hinaus koproduzieren wir das aufwändige, Doppelpass-geförderte Projekt EXIT GHOST, mit dem die Gruppe irreality.tv im Rahmen der SOMMERSZENE (Juni) Filme und Serienformate mit Salzburger Bürger*innen im öffentlichen Raum entwickeln und drehen wird.
Ebenfalls mit und im Rahmen der SOMMERSZENE koproduzieren wir das immersive Escape-Room-Spiel BORDERGRID (Juni) des Salzburger Künstler*innen-Kollektivs gold extra, das sich mit Migration beschäftigt.

Und schließlich holen wir zumindest einige der Produktionen nach, die eigentlich im Rahmen des DIGITAL SPRING 2020 (der Corona-bedingt abgesagt werden musste) gezeigt hätten werden sollen, so z.B. die Installation PYTHIA im Rahmen des MotzART FESTIVALs (Februar) oder die Performance STATES OF READINESS von Katharina Eigner und Richard Senk im Rahmen von PERFORMdANCE (April) (siehe oben).

argeBOT

fortlaufend seit September 2019

Das von der ARGEkultur produzierte, langfristig angelegte, experimentelle Projekt ist interdisziplinär konzipiert und operiert an der Schnittstelle der Bereiche Medienkunst, Text und Diskurs sowie Vermittlung.

Der argeBOT ist ein subjekthaftes Wesen. Er kommuniziert schriftlich mit jedem*jeder, der*die das Gespräch mit ihm sucht. Er eignet sich für einen kleinen Chat ebenso wie für ein langes und tiefgründiges Gespräch über gesellschaftspolitisch relevante Themen.
Auf technischer Ebene besteht der argeBOT aus einer Software (der Programmiersprache Python), die Texte lesen und dadurch lernen kann – eine künstliche Intelligenz also. Sein Textkorpus wird von uns kuratiert - pro Jahr laden wir ca. dreißig Künstler*innen ein, dem BOT ihre wichtigsten Bühnentexte zur Verfügung zu stellen. Diese Texte fließen in den Wortschatz des BOTs ein und sind als dessen Hintergrundarchiv jeder Zeit für die Nutzer*innen einsehbar. Vom Gespräch mit dem BOT können die Nutzer*innen also direkt auf die Quelltexte dieses Gesprächs zugreifen. Sie treten so direkt in Kontakt mit den Arbeitsprozessen der Künstler*innen und den konkreten Inhalten, die diese Künstler*innen auf den Bühnen der ARGEkultur verhandeln. Über das Gespräch mit dem BOT betritt man sozusagen den inneren Diskursraum der ARGEkultur.

Im September 2019 und im Januar 2020 erlebte der argeBOT erste öffentliche Testphasen als Installation im Foyer der ARGEkultur. Nach Auswertung der dabei entstandenen ersten Gespräche mit Nutzer*innen wurde der BOT überarbeitet und weiterentwickelt. – Einen großen Entwicklungsschritt machte der BOT im November 2020 im Rahmen des OPEN MIND Festivals. Gemeinsam mit unserem neuen Projekt-Partner, dem Wiener Chatbot-Startup ‚The Ventury‘ ging der BOT erstmalig online. Während des Festivalzeitraums wartete der BOT auf der Festivalwebsite, um dort ganz intim mit den Besucher*innen über Besitz, Macht und andere Status-Tabus zu sprechen.

Im nächsten Projektschritt im April 2021, anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der ARGEkultur, beschäftigt sich auch der BOT mit der Geschichte des Hauses. Die ARGEkultur blickt zurück auf eine Geschichte der Initiativen, Aktivist*innen und Künstler*innen, aber auch der Kulturpolitik und Institutionalisierung. Fein sortiert und gepflegt lagern in den Büros der ARGE-Mitarbeiter*innen eine Fülle an Dokumenten, die diesen langen und besonderen Weg bezeugen. Diese Protestbriefe, Ansuchen und Konzeptpapiere, aber auch Zettelchen, Fanzines und Kritzeleien sprechen von einer lebhaften und aktiven Vereinsgeschichte. Der argeBOT hat sich anlässlich des Jubiläums eben jenes Archiv vorgenommen, hat in Dokumenten gestöbert, Zettel gefressen, Bilder gescannt und ist so zu einem lebendigen Archiv herangewachsen. Im April steht er nun wieder auf der Website der ARGEkultur bereit, um mit den Nutzer*innen über die Vergangenheit, und sicher auch die Zukunft, zu plaudern.
Der BOT wird somit zum unverzichtbaren Bestandteil des Kulturprogramms der ARGEkultur. Die seit Beginn des Projektes heranwachsende KI bietet sowohl durch eine Spezifik als genuin wachsender ‚Charakter’, als auch durch ihre Modulierbarkeit eine Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten. So soll sie beispielsweise Teil von Performances werden (immerhin ist der BOT für alle Zuschauer*innen über das Smartphone anwählbar), als auch Veranstaltungen, wie z.B. Publikumsgespräche selbst moderieren. Gleichzeitig ist das auf diese Weise zusammengetragene Text-Archiv selbst eine digitale Plattform, die mehr und mehr zum Aufenthalts- und Veranstaltungsort für unterschiedliche digitale Formate werden soll. Weitere Projektschritte in diese Richtung sind für das OPEN MIND Festival 2021, sowie DIGITAL SPRING 2022 geplant.

ARGEbot
argeBOT

PYTHIA

Eine interaktive Installation von Matthew Mosher
Jänner und Februar

Was ist die Wahrheit und wo beginnt die Fiktion? Um diese Fragen kreist auch PYTHIA, das digitale Hotline-Orakel des Medienkünstlers Matthew Mosher – eigentlich entstanden für den DIGITAL SPRING (März 2020), der leider Corona-bedingt abgesagt werden musste.

PYTHIA tarnt sich als altmodisches Tastentelefon, ist aber eine frisch programmierte KI, die auf unterschiedliche Weise mit Ihnen in Kontakt kommen möchte. Lassen Sie sich von PYTHIA zum Beispiel die Zukunft legen, lassen Sie sich von ihr als Roboterpsychologin beraten, erfinden Sie zusammen mit PHYTIA eine Geschichte oder verlieben Sie sich einfach in sie!
Der Witz dabei: Teile ihrer Antworten werden anonym gespeichert und bleiben so für das nächste Gespräch in PYTHIAS Erinnerung erhalten. Was ist also wahr an PHYTIA und was fake? Und was hat das mit Ihrer Wahrheit zu tun?

PYTHIA wird im Rahmen des MotzART FESTIVALs FACTS, FAKE & FUN im Foyer der ARGEkultur gezeigt und ist auch online zugänglich.

PYTHIA
PYTHIA

irreality.tv: EXIT GHOST

Eine interaktive Serie
Juni

irreality.tv ist eine Plattform für ortsspezifische und partizipative Fernsehprojekte. Die Serien von irreality.tv entstehen in Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort. Alle können mitspielen und mit uns gemeinsam den Plot entwickeln. Im Zentrum steht dabei die Frage, was passieren sollte oder könnte, wenn das Leben eine Fernsehserie wäre. Und im Rahmen eines Filmdrehs kann das dann auch wirklich passieren – Soapifizierung: Der Alltag vor Ort ist Ausgangspunkt für Stories, die sich zwischen Dokumentation, Fiktionalisierung und Inszenierung bewegen und dabei stets auch darauf abzielen, eben diesen Alltag zu transzendieren oder suspendieren.

Für EXIT GHOST – das eigentlich im Juni 2020 im Rahmen der SOMMERSZENE hätte stattfinden sollen – wendet sich irreality.tv einem Sub-Genre des Phantastischen zu: der Geisterjagd! Spukt es hier, gibt es hier Gespenster? Diese Frage lässt sich an jeden Ort stellen und erlaubt doch ein ortsspezifisches Arbeiten. Sie ist besonders geeignet zur Erkundung von Orten gemeinsam mit Menschen vor Ort, denn die möglichen Antworten sind vielfältig: die (verborgene) Geschichte eines Ortes kann ebenso hervortreten wie unverwirklichte Potentiale oder uneingelöste Hoffnungen; es kann um Konflikte gehen, um Unerledigtes, um Atmosphären, um Stimmungen, um Unerklärliches und um Erklärungsversuche. Es kann um Sichtbares und Unsichtbares gehen, um Verschwinden ebenso wie Erscheinen, um das Alte und um das Neue. Und nicht zuletzt geht es auch bei EXIT GHOST nicht zuletzt um den Spaß am gemeinsamen Phantasieren, an Kostümierungen und Special Effects. Geisterjäger sind populär als Topos in Film, Fernsehen, Literatur und damit gibt es zahlreiche Andockungspunkte an bekannte Narrative ebenso wie an konkrete Erzählkonventionen, was sich für die partizipative Praxis von irreality.tv, für den Spaß am Mitspielen, auch in vergangenen Projekten bereits als hilfreich erwiesen hat.

EXIT GHOST ist gefördert durch das Doppelpass-Plus-Projekt der deutschen Kulturstiftung des Bundes. Die Serie wird in drei Staffeln produziert. Die erste Staffel entstand in der Spielzeit 2018/19 am Theater Augsburg, die zweite Staffel in der Spielzeit 2019/20 am brut Wien. Staffel drei ist als ‚Roadmovie‘ konzipiert – eine Folge davon wird im Juni 2021 an der ARGEkultur, in Salzburg und mit Salzburger Bürger*innen produziert und im Rahmen der SOMMERSZENE gezeigt.

www.irreality.tv

irreality.tv: EXIT GHOST
irreality.tv: EXIT GHOST
Foto © irreality.tv

gold extra: BORDERGRID – SEPARATION IS CONNECTION

Ein dynamisch-digital-analog-interaktiver Escape Room
Juni

BORDERGRID bringt den Escape Room an die Grenze: Das Publikum begleitet mehrere Menschen auf ihrer Reise, trifft mit ihnen Entscheidungen und überschreitet gemeinsam Grenzen – in Raum, Zeit und im Kopf. Der interaktive Rätsel- und Erlebnisraum ist aus Lebenssituationen, -geschichten und Gedankenwelten einer Reihe von Interviewpartner*innen zwischen London, Mexiko und Israel geformt. Die Aufführung dauert ca. achtzig Minuten – bis zu sieben Personen halten sich gleichzeitig in einem Raum auf, dessen Wände aus Videowalls mit Rückprojektionen bestehen und die sich so dynamisch mit der Geschichte und Interaktionen wandeln und verwandeln können.

www.goldextra.com

gold extra: SCHNITT # STELLEN

November

Mit gold extra und dem Medialab der Universität Mozarteum Salzburg schließen wir in 2021 auch das Langzeit-Projekt SCHNITT # STELLEN (November) ab.
In dem medienkünstlerischen wie medienpädagogischen Forschungsprojekt entstanden gemeinsam mit Schüler*innen der NMS Lehen die Mixed-Reality-Games THE TRUTH – PART 2 (2019) und BLACK DAY (2020). THE TRUTH – PART 2 wurde unter anderem mit dem ‚European Youth Culture Award 2019’ und auf der ‚Ars Electronica’ ausgezeichnet und war im Juni 2019 in der ARGEkultur zu sehen. BLACK DAY sollte zunächst im Rahmen des DIGITAL SPRING und nach dessen Absage im Oktober 2020 in der ARGEkultur zu sehen sein – auch diese zweite Präsentation musste Corona-bedingt abgesagt werden. – Im November 2021 werden nun beide Spiele nochmals gezeigt, eine Podiumsdiskussion mit Expert*innen schließt das insgesamt vierjährige Projekt ab.

gold extra: SCHNITT # STELLEN
gold extra: SCHNITT # STELLEN
Foto © gold extra