Theater im Bahnhof (Graz) „Mein Leben im Busch von Sarajevo“
Österreichpremiere. In Koproduktion mit der ARGEkultur. Mit: Pia Hierzegger, Eva Hofer, Monika Klengel, Rusmir Piknjač. Regie: Ed. Hauswirth.
ARGE theater
ARGE open mind festival
Das Theater im Bahnhof konzentriert sich auf die sogenannten „Expatriates“, also ÖsterreicherInnen, die in Bosnien-Herzegowina für europäische Konzerne arbeiten und somit auch eine Zeit dort leben. Aus Interviews mit ihnen werden fiktive Figuren entwickelt, die sich theatral mit den komplexen Umständen dieser Stadt und des Landes sowie den Parametern von Erfolg und Misserfolg auseinandersetzen.
Auf der Bühne sehen wir drei sogenannte „Expats“ beim Versuch, ihre Cocktail-Party-Zusammenkunft aufrecht zu erhalten, während sie über die Zeit, das Leben und ihre geheimen Ziele sprechen. Mit einigen Überraschungen, die jede für die jeweils anderen vorbereitet hat, versuchen sie, die Party zu beleben. Tragikomisch? Wahrscheinlich! Ein ebenso anwesender bosnischer Musiker gibt vor, nichts mit dem Geschehen zu tun zu haben - doch wie kann das sein?
Foto (c) Jasmin Šakovic
In den letzten 20 Jahren – während der sogenannten „Ost-Erweiterung“ – haben viele österreichische Firmen enorme Gewinne eingefahren, indem sie ihre kapitalistischen und neoliberalen Strategien nach Bosnien-Herzegowina exportierten. Im ganzen Land sind Banken, Versicherungsgesellschaften und Immobilien-Agenturen seither ständig präsent. Ist das die Fortsetzung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie mit ökonomischen Mitteln?
Findet die „Eroberung“ eines europäischen Landes heutzutage mit Kreditverträgen und Versicherungspolizzen statt und ist im Duschgel wirklich B-Ware?
Unsere Bühnencharaktere sind Teil des ökonomischen Mainstreams. Das TiB interessiert vor allem das Bewusstsein und Selbstverständnis dieser Personen im alltäglichen Leben in der Stadt Sarajevo, in deren Kultur, Gesellschaft und Geschichte. Themen wie Mitgefühl, aber auch Arroganz, Verantwortung und vorherrschende Haltungen werden hinterfragt. Und darüber hinaus wird die viel allgemeinere Frage aufgeworfen: Wie ist es möglich, in der modernen Ökonomie ein anständiges Leben zu führen?
Das Stück wird in Sarajevo, Salzburg und in Graz erarbeitet und gezeigt. So bekommt auch die „austro-bosnische Beziehung“ in der österreichischen Öffentlichkeit eine Präsenz.
„We are going out tonight, to break some things“.
Die Produktion basiert auf Interviews mit in Sarajevo lebenden Expats – vielen Dank an diese für ihre Unterstützung.
Theater im Bahnhof
Das Theater im Bahnhof ist das größte professionelle freie Theaterensemble Österreichs. Es versteht sich per Eigendefinition als zeitgenössisches Volkstheater und setzt sich seit seinen Anfängen mit österreichischer Identität zwischen Tradition und Pop auseinander. Es fehlt Österreich nicht an literarischen und historischen Ressourcen und Archetypen – es geht aber darum, diese auf natürliche Weise in unsere moderne Gesellschaft zu transformieren. Sie müssen untersucht, debattiert und so auf die Bühne gebracht werden, dass sie sich selbst auf die Probe stellen. Nichts wird je als fertig angesehen – man ist ja auch nie zweimal in ein und derselben Stadt. Das Theater im Bahnhof besteht darauf, das Akzeptierte zu stören und zu hinterfragen, und sieht das Publikum als willige PartnerInnen im alltäglichen Kampf. Eine einzige Produktion kann die zeitgenössische Existenz niemals hinlänglich erklären – also bleibt nur, das Mögliche zu versuchen und die Grenzen der Ausdrucksfähigkeit zu genießen. Wir bestehen sogar darauf, voller Freude auf den Wellen der gemeinsam eingegangen Risiken zu reiten. Das Theater im Bahnhof performte schon für etliche Festivals wie Steirischer Herbst, Wiener Festwochen, Theater der Welt, Impulse-Festival, Mousonturm Frankfurt, Sophiensaele Berlin, Kunstenfestivaldesarts oder BozAr Bruxelles.
Das Theater im Bahnhof taucht an allen möglichen und unmöglichen „Orten“ auf, kombiniert die Konzepte des Unterhaltungstheaters mit unkonventionellen Ausdrucksweisen, versucht Grenzen überwindende Theaterkonzepte zu entwickeln, macht Gebrauch von den nicht-theatralischen Genres Film und Digitale Medien, bewegt sich vom Bekannten zum Unbekannten und produziert selbst erfundene Stücke mit und ohne AutorInnen.