ARGEkultur Jahresprogramm 2017
Produktionshaus ARGEkultur
Die Rolle als Produzentin hat einen wesentlichen Stellenwert für die ARGEkultur. Neues zu schaffen ist kein Selbstzweck. Es ist für die ARGEkultur ein Mittel, um eine „Kultur der gesellschaftlichen Dringlichkeit“ zu befördern, eine Kultur die nicht nur eine Auseinandersetzung mit politischen Fragestellungen eröffnet, sondern diese darüber hinaus in den gesellschaftlichen Diskurs einbringt. Das Produktionshaus ARGEkultur ermöglicht es, neue Projekte zu initiieren, PartnerInnen zu finden und Künstlerinnen als Teams zusammenzuführen, sodass der künstlerische Entstehungsprozess bis zum eigentlichen Moment der Produktwerdung in Form einer Aufführung, eine hohe Dynamik erreicht.
2017 produziert die ARGEkultur in den Disziplinen Tanz und Theater, wobei das Überschreiten der Grenzen der Disziplinen möglich oder sogar gewollt ist. Gearbeitet wird an einem offener Performancebegriff, bei dem Experiment und Innovation im Vordergrund stehen.
Lupus in fabula
24.02.–03.03.2017
Theaterstück von Henriette Dushe
Eine Koproduktion mit Petra Schönwald
Drei Schwestern am Sterbebett des Vaters. Die väterliche Autorität als prägende Instanz ihrer Leben ist im Verschwinden begriffen und wirft die drei in unterschiedlicher Weise auf sich selbst zurück. Die Älteste, als aufopferungsvolle Pflegerin, formuliert und feilt an ihrer Grabrede, die Jüngste plagt sich mit ihrer beruflichen wie privaten Erfolglosigkeit, die Mittlere legt ihr Neugeborenes als lebendigen Beweis der Schöpfung neben den siechenden Vater. Um seinem herannahenden Tod etwas entgegenzusetzen, imaginiert sie sich und ihre zwei Schwestern in verschiedener Tier- und Menschengestalt in wechselnd-spröden Landschaften. Dem Alltag entrissen, durchleben die drei Schwestern eine Zeit ohnmächtigen Stillstands, in der die eigenen Gedanken um so lauter Lärm machen und sich manchmal aus dem Nichts ein Lachen Bahn bricht. „Lupus in fabula“ ist ein ganz diesseitiges Stück vom (Über-)Leben im Angesicht des Todes.
Der Text von Henriette Dushe ist eine mitreißende und schonungslose Auseinandersetzung mit dem Vergehen und dem Verabschieden, aber auch eine starke feministische Position, eine Abrechnung der drei Frauen mit dem Vater, die 2014 mit dem Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts ausgezeichnet wurde.
- Mit Elisabeth Nelhiebel, Sophie Hichert, Eva-Maria Weingärtler
- Regie Petra Schönwald
Petra Schönwald
wallflowering
08.–10.03.2017
Performance
Eine Koproduktion mit Iris Heitzinger (A) und Françoise Boillat (CH)
Der Research- und Produktionsprozess des Projekts „wallflowering“ wird in einem abendfüllenden Bühnenstück resultieren, das Elemente von Tanz, Theater und Performance gleichermaßen integriert. Es ist als internationale, österreichisch-schweizerische Koproduktion angelegt. Die Inspiration für diese Arbeit liegt im Werk von drei der einflussreichsten und am häufigsten zitierten Fotografinnen und Medienkünstlerinnen des 20. Jahrhunderts – Francesca Woodman, Cindy Sherman und Chantal Michel.
Es eröffnet sich ein komplexes Feld an Fragen nach der Konstruktion sozialer Geschlechterrollen. Weiblichkeit kann nicht ohne den Umweg des Scheins oder der Maskerade erreicht werden. Frau zu sein heißt unausweichlich Frau-Sein zu spielen. Ziel dieser Arbeit ist es, die unterschiedlichen Frauenbilder in und um uns aufzuzeigen.
Eine Koproduktion mit ARGEkultur Salzburg, Centre de culture ABC / La Chaux-de-Fonds
- Konzept, Künstlerische Leitung und Performance Iris Heitzinger und Françoise Boillat
- Produktion Verein kunstHupfer/ei (A) und Cie. Du Gaz (CH)
Iris Heitzinger
Open Mind Festival 2017
09.–19.11.2017
Common People. Kollektive für Individuen.
Es gibt im Moment nichts, was man erreichen kann, außer überleben.
(Christoph Schlingensief). Doch wie kann dieses Überleben im 21. Jahrhundert gelingen? Die Demokratie ist in schlechter Verfassung, die bestehende Ordnung Europas und der (klein)bürgerliche Wohlstand nicht zu halten, Populismen, Nationalismen und religiöse Fundamentalismen blühen im Namen des Kapitalismus.
Der Mensch ist ein soziales Wesen, doch was sind die Qualitätsmerkmale einer Gemeinschaft, ohne sich totalitärer Mechanismen zu bedienen und sich durch Gruppenzwang und Ausgrenzung anderer zu definieren? Welche Bedingungen braucht es für die Entstehung und/oder Auflösung sozialer Netzwerke? Wo liegen die Vorteile des gemeinsamen Agierens, ohne sich selbst zu negieren und welche Rollenbilder braucht es, um sich mit einer Gruppe zu identifizieren? Wirr ist das Volk und wer ist das Volk? Welche Hierarchien treten warum zwangsläufig in Gemeinschaften auf und wer repräsentiert wen? Ist man gemeinsam einsamer als allein?
Was liegt näher, als ein „bodenständiges feministisches“ Theaterkollektiv wie die Rabtaldirndln mit der Beantwortung dieser Fragen für die Eigenproduktion des Open Mind Festivals 2017 zu beauftragen? Die Rabtaldirndln sind ein fünfköpfiges Performancekollektiv aus Graz, bestehend aus Barbara Carli, Rosi Degen, Bea Dermond, Gudrun Maier und Gerda Strobl. Alle ihre Stücke sind Eigenproduktionen und werden sowohl künstlerisch als auch produktionstechnisch selbstständig vom Theaterkollektiv gemeinsam erarbeitet und abgewickelt. Das namengebende Rabtal ist ein imaginäres Territorium in der Steiermark. Ländliches Idyll in die Stadt gebracht ist permanenter Gegenstand der Untersuchungen. Ein grausames Spiel mit Illusion und Desillusionierung, in der Künstlerinnensubjekt und Kunstobjekt verschmelzen.
Kuratorin des Open Mind Festivals: Cornelia Anhaus