OPEN MIND FREQUENTLY: WEISSER MANN:FAUST
BERATUNGSSTELLE FÜR ZÄRTLICHKEIT - Eine anti-patriarchale Intervention
Goethes Faust strebt nach Erkenntnis. Er sucht nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält
. Die Liebe zu Margarete eröffnet ihm eine Perspektive, die im Kindsmord und der Hinrichtung der jungen Frau endet. Aber um lieben zu können, müssen Männer imstande sein, sich von ihrem Wunsch zu verabschieden, andere zu beherrschen
, schreibt die US-amerikanische Feministin bell hooks. Faust versucht das erst gar nicht – seine Beziehungen bleiben toxisch, wie man aus heutiger Sicht sagen würde. Überhaupt verlässt seine Sinnsuche die Grenzen des Patriarchats zu keinem Zeitpunkt. Sie findet ausschließlich im Modus des Beherrschens statt – ob Margarete, die Wissenschaft, den Erdgeist, den Mythos, das Geld, den Krieg, die Natur. Kein Wunder, dass Faust sich so vergeblich abmüht.
Wäre es also nicht 'mal an der Zeit, dass ihm jemand einen kleinen Hinweis gibt? Einen Schubs in die richtige Richtung?
Dafür haben wir eine temporäre BERATUNGSSTELLE FÜR ZÄRTLICHKEIT gegründet. Ausgehend vom weichen
Feminismus bell hooks' und der radikalen Zärtlichkeit der deutschen Autorin Şeyda Kurt trainieren wir in mehreren Workshops eine Gruppe von Aktivistinnen, die dann sanft in die Aufführungen von WEISSER MANN:FAUST von Theater der Mitte eingreifen – und damit das Publikum zum Perspektivwechsel auf denjenigen großen Mann der deutschen Dichtkunst einladen, vor dem es schon Margarete gegraut hat.
Im November setzen wir die künstlerische und diskursive Auseinandersetzung mit feministischen Themen im Programm der ARGEkultur fort. Nach der Ausgabe von OPEN MIND FREQUENTLY zu BLUATSUPPN und der Performance AM EUTER STÖREN (September) beschäftigen wir uns in WEISSER MANN:FAUST mit Männlichkeit und mit der anti-patriarchalen Antwort, die die BERATUNGSSTELLE FÜR ZÄRTLICHKEIT darauf gibt.