Welche AutorInnen haben dein Schreiben beeinflusst? Gibt es literarische Vorbilder?
Es gab immer wieder Phasen, in denen ich total begeistert von einer/einem AutorIn war. Ich habe mit 23 am Theater Basel eine Regiehospitanz bei „Leonce und Lena“ gemacht, und da bin ich einem regelrechten „Büchner-Wahn“ verfallen. Mich hat fasziniert, dass ein so junger Mensch, der mit nur 24 Jahren gestorben ist, solche starken, revolutionären Stücke schreiben konnte. Mein Schreiben wurde einige Zeit auch von Harold Pinter beeinflusst. Oft waren es nicht so sehr die Stücke, sondern eher das Denken der AutorInnen, die Art wie er oder sie an Themen herangeht, die mich faszinierte. In dem Zusammenhang war Heiner Müller eine große Inspiration, aber auch Dürrenmatt. Bei ihm finde ich es gerade sympathisch, dass er einige richtig miserable Stücke geschrieben hat. Sein Nachdenken über Stoffe war jedoch genial und fasziniert mich bis heute.
Wie entsteht dein Schreibimpuls? Wie ist die Idee für „Monster zertrampeln Hochhäuser“ entstanden?
Das ist bei jedem Stück anders. Ich habe Stücke geschrieben, da war es ein Foto, das ich gesehen habe und das mir von der Atmosphäre her gefallen hat. Ich habe angefangen zu schreiben und plötzlich war es ein ganzes Stück. Bei „Monster zertrampeln Hochhäuser“ waren es Notizen, die ich über Jahre gesammelt habe. Lange wusste ich gar nicht, dass das ein Stück werden würde. Einerseits waren das Notizen zur Neuen Musik, die mich aufgrund ihrer experimentellen Form sehr interessiert hat. Parallel dazu hatte ich auch viele Notizen zur Schweizer Volkspartei und zu einer Figur gemacht, die dann das Vorbild für Sonja wurde. Aber ich wusste ganz lange nicht, dass das ein Stück ist, bis ich dann schließlich bemerkt habe, dass die Neue Musik eigentlich genau das Gegenteil von dem ist, was die Schweizer Volkspartei proklamiert. Dann hatte ich Lust, das alles aufeinanderprallen zu lassen.
Du bist sozusagen vom Thema zu den Figuren?
Ja genau, die Figuren haben sich erst später entwickelt. Wenn ich zurück denke, stand eigentlich ganz am Anfang der Idee zu „Monster zertrampeln Hochhäuser“ das Hochhaus im Fokus. Ich hatte schon immer Lust ein Stück zu schreiben, das in einem Hochhaus spielt. Das war die Ausgangsidee. Es gibt ganz verrückte Fotografien aus Indien oder China von riesigen Wohnblöcken, solche Dimensionen kann man nach europäischen Verhältnissen gar nicht mehr begreifen. Wir können uns ja gar nicht richtig vorstellen, wie da gelebt wird. Das war eine große Inspiration für mich. Der Wohnblock ist zur heimlichen Theaterfigur in diesem Stück geworden.
Auch dem Regisseur Michael Kolnberger war das Thema „Wohnen“ sehr wichtig. Wie hast du auf seine Bitte reagiert, dieses Thema stärker im Stück herauszuarbeiten?
Mir hat die Idee gut gefallen, das Thema „Wohnen“ im Stück stärker zu betonen. Michael Kolnberger hat mit mir über die Probleme, die es in Salzburg aufgrund der hohen Mieten gibt, gesprochen. Auch in der Schweiz ist das Thema Wohnungsnot und Gentrifizierung sehr präsent, beispielsweise in Zürich, wo rund um den Bahnhof mittlerweile Mieten verlangt werden, die einfach nur extrem sind. Das verändert natürlich auch eine Gesellschaft.
Der Streit um Wohnraum wird im Stück zu einem „clash of cultures“, der schließlich sogar in einen Kampf um Daseinsberechtigung übergeht. Auf welche aktuellen gesellschaftlichen Tendenzen spielst du damit an?
„Monster zertrampeln Hochhäuser“ zeigt im besten Fall, wie in unserer immer urbaner werdenden Gesellschaft unvereinbare Parallelgesellschaften aufeinanderprallen müssen und dass uns noch immer eine Kultur fehlt, die das alles friedlich koexistieren lassen kann.
Zu viele Geldinteressen und Ideologien mischen sich ein. Mich interessieren in diesem Zusammenhang die jüngsten Ideologisierungen all unserer Lebensbereiche, egal ob VeganerInnen, Pegida oder Religionsgemeinschaften. Obwohl die Meinungen dieser Gruppen nicht verschiedener sein könnten, ist die Art und Weise, wie sie ihre Ideologie legitimieren und anderen aufdrängen wollen sehr ähnlich.
Der Untertitel des Stücks lautet „Eine Groteske in sieben Stufen“. War für dich von Anfang an klar, dass ein starkes Thema wie dieses einen absurden Rahmen braucht?
Das ist merkwürdigerweise passiert. Ich glaube, vieles von dem, was die beiden Kulturschaffenden im Stück sagen, habe ich auch schon irgendwann einmal gedacht, aber witzigerweise, wenn man das aufschreibt und versucht griffig zu formulieren, bekommt es schnell etwas Komisches. Zwangsläufig entstanden Karikaturen. Vielleicht wird man in dem Moment, wo man versucht, seine eigenen Weltanschauungen zu formulieren und zu argumentieren, selber zum Clown. Deshalb ist mir dieser Satz im Stück so wichtig: „Niemand hat das Recht an sein eigenes Weltbild zu glauben“. Das ist für mich eine Quintessenz aus dem Stück, denn das eigene „Recht-Haben-Wollen“, die Legitimierung der eigenen Kultur, hat immer etwas Absurdes. All diese Leitkulturdebatten sind meiner Meinung nach zum Scheitern verurteilt. Da schließt sich dann wieder der Kreis zu Dürrenmatt, der mal gesagt hat, dass unserer Gegenwart nur noch die Komödie oder die Groteske beikommen. Je ernster die Themen sind, desto grotesker werden sie.