"Penetrator" von Anthony Neilson
Österreichische Erstaufführung. Übersetzung: Roland Schimmelpfennig. Regie: Michael Kolnberger
ARGE theater
Eine Koproduktion von theater.direkt und ARGEkultur
Auch wenn sich Europa heute sauber und friedlich gibt, Europa führt in der Gegenwart Krieg und eine Generation von jungen Menschen führt diese Kriege für uns.
„Penetrator“ ist ein Kammerspiel über drei Freunde, deren Leben keinen Sinn macht, deren Existenz von Barbarei, Verwahrlosung und Misshandlung geprägt ist – eine theatralische Studie von männlichen Rollenbildern in drastischer Sprache von Anthony Neilson übersetzt von Roland Schimmelpfennig. Ein Stück über die Hoffnungslosigkeit einer jungen Generation, über Gewalt, Krieg, Sexualität und
„So wie du ausschaust, kriegst du nie einen Job, nicht mal bei der Army!“
Ken Loach: The Angels' Share
Stän, der sich beim englischen Korps der US-Armee im Ersten Golfkrieg verpflichtet hat, um seiner tristen sozialen und finanziellen Situation zu entkommen, taucht plötzlich unerwartet und vollkommen verwirrt bei seinen alten Freunden Max und Alan in ihrer heruntergekommenen Ostlondoner Mietwohnung auf. Er behauptet, derart obsessiv von seinem Vorgesetzten vergewaltigt und misshandelt worden zu sein, dass die beiden befürchten, dass dies nicht unbedingt den Tatsachen entspricht und vielmehr den schockierenden Erlebnissen des Kriegseinsatzes geschuldet ist.
Aus einer Militärakte erfährt Stän, dass sein leiblicher Vater ein hoher Militär ist, seine Mutter ihm dies immer verschwiegen hat und er im Irrglauben über seinen wirklichen Vater gelassen wurde.
Mit Max, der Frauen nur sexistisch mit abfälligen Sprüchen begegnet und der kürzlich von seiner Freundin verlassen wurde, teilt er ein homoerotisches Erlebnis bei einem jugendlichen Zeltlager.
Plötzlich glaubt er in Alan seinen Vergewaltiger zu erkennen und zwingt diesen, seine traumatische Penetration nochmals durchzuspielen.
Maximilian Pfnür, Jurij Diez und Alexander Lughofer
Das Stück zeigt junge Menschen der sozialen Unterschicht auf der Suche nach ihrer Bestimmung im Leben, ihrer Identität und sexuellen Orientierung. Es problematisiert den Einsatz von Berufssoldaten in Kriegsgebieten, die dies aus finanzieller Not und Verzweiflung heraus tun. Aus den Traumata ihrer Vietnam-Veteranen hat die amerikanische Außenpolitik wenig dazugelernt, die Bilder aus den Gefangenenlagern von Guantanamo und Abu Ghuraib werden uns immer unauslöschlich im Gedächtnis bleiben.
Der Autor schrieb das Stück auch aus persönlichen Erfahrungen unmittelbar nach dem Ersten Golfkrieg.
Die Salzburger Inszenierung wird den Text modernisieren, um transparent auf politische Ereignisse reagieren zu können.
- Schauspiel Maximilian Pfnür (Max), Jurij Diez (Stän), Alexander Lughofer (Alan)
- Inszenierung Michael Kolnberger, theater.direkt
- Raum/Bühne Arthur Zgubic
Premiere: Mo, 27.05.2013, 20:00 Uhr
Weitere Vorstellungen: Mi 29.05., Fr 31.05., Sa 01.06. & Di 04.06.2013
Altersempfehlung: ab 16 Jahre
Vertreten durch S. Fischer Verlag, Frankfurt.
Penetrator ist eine Kooperation von theater.direkt und ARGEkultur in Zusammenarbeit mit der Universität Salzburg, Institut für Anglistik.
Anthony Neilson
geboren 1967 in Schottland, studierte Schauspiel und Musik in Edinburgh und Cardiff und begann seine künstlerische Laufbahn als Schauspieler und Regisseur.
In den 90er-Jahren schrieb er für Film und Fernsehen, verfasste Hörspiele für die BBC und erste Theatertexte ( „Stiche", „Familienbrut“, „Der Zensor“, „Frohes Fest“).
Neben David Harrower gehört er nunmehr heute zu den bekanntesten und meistgespieltesten schottischen Dramatikern.
Während Sarah Kane und Marc Ravenhill in poetischer Sprache und experimentellen dramaturgischen Zugriffen die sozialen Brennpunkte der gespaltenen britischen Gesellschaft nach Margret Thatcher sensibel beschreiben, arbeitet Neilson wie der geniale Filmemacher Ken Loach psychologisch genau und konfrontiert seine Figuren milieunah und unbeschönigt in ihren meist prekären Lebenssituationen.
„Penetrator“ wurde im Rahmen des Edinburgh Festivals 1993 uraufgeführt und von Roland Schimmelpfennig ins Deutsche übersetzt.