Wie die Unschuld vom Lande
"Oft denken die Leute, in Bayern lebten nur 10 Leute, die einem fremden mystischen Kulturenkreis angehören." Die gebürtige Bayerin Martina Schwarzmann räumte am Samstag (10.2.) im ARGEkultur-Saals erst mal mit Vorurteilen zu Bayern auf.
Ihr Weg nach Hause: Erst mit dem Zug, dann mit dem Ochsenkarren und der Rest des Weges mit Gummistiefeln: Auf dem Land und gerade in Bayern, so sagt Martina Schwarzmann, seien die Dinge eben anders - "Highway to hell", also "das Gegenteil von Christi Himmelfahrt." In ihrer Version des Rocksongs holt sich der Bauer eine blutige Nase, weil er mit dem Heuwagen zu schnell fährt.
Tückisch schleicht sich Martina Schwarzmanns Kritik durchs Hintertürchen. Dabei ist sie herrlich kompromisslos und natürlich. Was als unschuldig getarnt daher kommt, entpuppt sich unversehens als bissig und bös. In ihrem Lied über den Fleischwarenfachverkäuferinnen-Fetischisten lässt sie das Objekt der Begierde im Refrain zu spanischen Gitarrenklängen sinnlich lispeln: "Deafs a bissal mehra sei?" So heißt ihr Kabarettprogramm.
In ihrem Buch "Was du kannst, kann auch jeder Depp und umgekehrt" sammelt sie ihre Wortneuschöpfungen. "Manchmal reicht der Wortschatz nicht dafür aus, das auszudrücken, was man in dem Moment fühlt." Die sogenannte "Semitschumse" ist eine begriffsstutzige Frau. Sie wird aktiv, wenn es ums Wettrüsten mit künstlichen Fingernägeln geht und ist entweder auf Tupper- oder Ü30-Parties anzutreffen. Anwesenheit bei CSU-Verbandssitzungen sind auch nicht auszuschließen. Bedenken braucht man ihretwegen keine zu haben:"Von ihnen geht keine politische Gefahr aus, sie sind nur wegen des Kartoffelsalats da".
Martina Schwarzmann ist eine bekennende Heimschläferin: Auch mit 27 Jahren zieht sie nicht aus von daheim. Schließlich sind ihr bei einer Körpergröße von 1,84m die Hotelbetten einfach zu klein. Und doch ist sie als Kabarettistin viel unterwegs. Sie plädiert für den Verzehr landwirtschaftlicher Produkte aus der Region, damit man in ferner Zukunft anhand der Knochenzusammensetzung ihren Tourplan nachvollziehen kann.
Urprünglich wollte sie Schreinerin werden. Da allerdings in den meisten Schreinereien keine Dametoilette vorhanden sind, war sie für diesen Beruf "körperlich unterqualifiziert". Als Kabarettistin ist sie besser dran: Nächste Woche bekommt sie den Deutschen Kleinkunstpreis 2007 in der Kategroie Bester Nachwuchskünstler.
Dass Bindungen keine Lösung sind, wissen nicht nur die Chemiker. So treffen sich Männer und Frauen wahlweise im Wirtshaus oder auf Tupperparties. Und wenn dann immer noch nicht der richtige Partner gefunden ist, geht es direkt zur Ü30 Party. Obwohl sie ihrer Freundin von solchen Parties abrät. "Wenn du Hunger hast, gehst du doch auch zum Kühlschrank und nicht zum Saukübel."
© Christine Spies, DrehPunktKultur