Die Logik des verhinderten Lokführers
Es einmal, vielleicht nächsten Sommer, zu machen: Diesen Wunsch stellte Günther Paal alias Gunkl, an den Beginn seines Aufritts am Montag (5.2.) in der ARGEkultur. Was "es" sein soll und warum erst diesen Sommer, erfahren wir nicht.
Aber wer ist schon "wir"? An der Frage nach der korrekten Definition des "Wir" lässt der 46-Jährige Kabarettist seinen neuesten Ausflug in die weite und windungsreiche Welt der Sprache beginnen. "Wir - schwierig" heißs sein achtes Soloprogramm.
Gunkls selbst auferlegte "reverse semantische Diät" verzichtet nicht auf verbale Üppigkeit und ausschweifend hergeleitete philosophische Schlüsse. In gewohnter Manier fordert Günther Paal sein Publikum zwei Stunden lang nicht nur durch den Einsatz von Konjunktiven und Iterationen intellektuell eindrucksvoll heraus, sondern auch das Weglassen jeglicher dramaturgischer Hilfsmittel verdichten die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf auf unprätentiöse Gestik minimierte Geschehen auf der Bühne.
Dort geht Gunkl den Ursprüngen, Ausdrucksformen und Wirrungen menschlichen Denkens bestmöglich auf den Grund. Denn wir Menschen - soweit wir das "Wir" so wollen - zeichnen uns in Gunkls Augen vor allem durch die Erhabenheit unseres Gehirns vor anderen Lebewesen aus, einem Gehirn, dem so wundervolle Fähigkeiten wie der geschickte Einsatz von Lügen und die jegliche Absolutheit ausräumende Erschaffung des Wortes "aber" entspringen.
Mit prägnantem Witz und selbst eingestandener erbsenzählerischer Genauigkeit unterwirft Paal unsere Sprachgewohnheiten semantischer und syntaktischer Prüfung. Davon bleiben auch verbale Ränkespiele und logikentleerte Statements von Schönborn bis Wittgenstein nicht verschont.
Dass diesem Gehirn jedoch bisweilen auch seltsame Geschichten entspringen und diese zudem in zahlreichen Gehirnen - wer möchte da zum "wir" gehören - auch noch Interesse wecken, widerspricht der Logik dessen, der es als Kleinkind nicht auf den Führerstand des Bummelzuges im Prater geschafft hatte und sich heute fragt, welches Schicksal der damals Zug Fahrenden nun bei "uns" auf Interesse stoßen könnte. Vielschichtig geht Gunkl dieser Frage nach in diesem besonders pointierten Programm. Einige Male entfleucht er der Logik, um sich der Psyche zu nähern. Dass es oftmals alleine Trauer, Versagen und Scheitern bis zur Verfilmung schaffen, steht zuletzt beinahe anklagend über "uns" und enttäuscht. Doch Enttäuchung ist laut Gunkl ja ohnedies der Preis der Klarheit. Dem müssen "wir" uns stellen, und wenn Günther Paal vordenkt, denken wir als Zuseher gerne nach.
© Oliver Baumann, DrehPunktKultur