Ein Festivalmacher mit Motz-Konzession
Die MotzArt-Woche ist 25: Am Samstag wurde Christian Wallners Festival in einer Gala mit Andreas Rebers und Gästen gefeiert.
Im vergangenen Mozartjahr ist "Nachhaltigkeit" endgültig zum Kultur-Modewort geworden. Mit der Verwendung des Begriffs in Bilanzen und Nachbetrachtungen lässt sich schließlich nicht nur belegen, dass Projekte funktioniert haben, sondern gleichzeitig in bunten Visionen ausmalen, wie ihre Wirksamkeit noch Jahrzehnte später zu spüren sein wird.
Das eben begonnene Art-Jahr muss sich in dieser Hinsicht nichts mehr beweisen. Seit einem Vierteljahrhundert hat das gleichnamige Kabarettfestival in Salzburg Bestand. Mit einer Jubiläumsausgabe wird derzeit der 25. Geburtstag der von Christian Wallner gegründeten und geleiteten MotzArt-Woche gefeiert (bis 10. 2.).
Entsprechend zahlreich waren die Gratulationen, die den Salzburger Kabarettisten bei einer Geburtstagsgala am Samstagabend in der ARGEkultur ereilten. Live auf der Bühne oder wie bei den MTV-Awards per Videobotschaft beglückwünschten Zunftkollegen wie Piano Paul, Helmut Ruge oder Luise Kinseher den MotzArt-Macher. Sozialminister Buchinger schaute vorbei, und vom Bürgermeister bekam Wallner, der das Festival 1983 in einer Salzburger "Kabarettwüste" (Wallner) etablierte, für nachhaltige Verdienste das Stadtsiegel in Gold überreicht. Kabarettkollege I Stangl titulierte den Inhaber einer Ehrenprofessur in einem Geburtstagsgruß kollegial-liebevoll als "Kritikleistungsgewerbler mit Motz-Konzession". Wer hätte da zurückstehen wollen? Wallner bedankte sich mit einem Auftritt seiner MotzArt-Truppe und wortakrobatisch-ironischen Rückblicken auf die Bequemwerdung einer Generation Engagierter ("Völker leert die Regale!").
Dass Wallners Festival auch in Zeiten flächendeckender Überflutung mit Seichtcomedy via Radio und Privat-TV nicht zur Bequemlichkeit neigt, sondern sich für "Unterhaltung mit Haltung" (Wallner) engagiert, belegte die Wahl des Hauptacts bei der Geburtstagsgala. Andreas Rebers, aktueller Empfänger des Deutschen Kleinkunstpreises, ist alles andere als ein Konsens-Komiker für heitere Betriebsfeste - auch, wenn er sich wechselweise als "Staukabarettist des ADAC" oder mit dem ProSieben-Spruch "I love to entertain you" vorstellt.
Rebers gönnt seinen Zuhörern nicht die Verlässlichkeit üblicher Kabarettrituale. Er spielt das Spiel nicht mit, in dem auf der Bühne einer politisch korrekte Pointen freisetzt, über die einstimmig gelacht werden kann. Mit dem sympathischen Lächeln eines Weltverbesserers reißt Rebers Türkenwitze oder erklärt treuherzig, dass Provinz dort sei, "wo man Lehrer zu den Intellektuellen zählt", um gleich mit einem Plädoyer "gegen die Zunahme der Gewaltfreiheit unter den Pädagogen" fortzufahren.
Nicht nur, wenn Rebers Elemente früherer Programme in seinem aktuellen Kabarett "Lieber vom Fachmann" rasant remixt, erinnert er ein wenig an Josef Hader. Auch seine "Arbeiterlieder" , in denen zu süßen Klavierakkorden Ekelhaftigkeiten erzählt werden, oder die Art, wie Rebers immer wieder gekonnt Episoden miteinander verwebt, scheinen auf die Nachhaltigkeit des österreichischen Kabarettgenies zu verweisen. Der Kraft seines Auftritts tat das keinen Abbruch: Eine kompromisslos-gute Wahl für einen Motz-Geburtstag. Apropos Nachhaltigkeit: Luise Kinseher ließ sich von 25 Jahren nicht so leicht beeindrucken, rechnete aber aus, dass 25 Jahre gleich 250 Vorstellungen gleich tausenden Kabarettstunden gleich Millionen vorgetragener Manuskriptseiten seien. Und wenn das nicht nachhaltig ist ...
© Clemens Panagl, Salzburger Nachrichten