Clara Luzia
Die Amadeus Preisträgerin für den "FM4 Best Alternative Act" 2008 zu Gast mit aktueller Platte im Gepäck. Support: M's Grace (Sbg.)
ARGE roter salon
Konzert
Musik für Menschen, die reinen Herzens und trotzdem nicht naiv sind, schrieb Gerhard Stöger in der Wiener Stadtzeitung Falter zu Clara Luzias Debutalbum „Railroadtracks“ 2006. Dem Nachfolger „The Long Memory“, das Clara Luzia nur ein Jahr später nachwirft, verleiht FM4 den Titel „Album of the Week“.
Das Album markiert für die Songschreiberin Clara den Abschluss einer Zeit, die für sie mit zu den emotional schwierigsten zählt. Kombiniert mit Songmaterial aus „besseren Zeiten“, wie etwa dem Track „Harvest Moon“, den Clara bereits mit ihrer früheren Band Alalie Lilt 2005 auf einen Tonträger gebrannt hat. Ausgangspunkt des Albums bildet „Tidal“, eine Nummer entstanden am Hamburger Hafen im Oktober 2005: Die dumpfe aber dennoch sichere Ahnung, dass sich die Dinge gerade massiv ändern, ohne aber noch zu wissen, was genau im Umbruch begriffen ist: „I can tell now things have changed – like they always have.“ Clara sollte Recht behalten, die Dinge änderten sich in den nächsten Monaten. Radikal. Und obwohl das ganz persönliche Umfeld Hauptschauplatz der emotionalen Hochschaubahnfahrt ist, verliert sie das „big picture“ nie ganz aus den Augen. „Narrow Margin“ zeugt davon: „Hardly anybody cast their votes today – I did“ schreibt Clara anlässlich der Nationalratswahl in Österreich 2006, aber auch der Unbegreiflichkeit über die nach wie vor bestehende Option Krieg wird Ausdruck verliehen: „No Offense.“
„The Long Memory“ ist nicht die Chronik einer Seins- und Sinnkrise. Viel mehr soll es eine Art Erinnerungsbuch sein, das Erfahrungen eines turbulenten Jahres reflektiert. Und das muss nicht unbedingt schwer verdaulich sein, wie das Trinklied „Homedrinking“ beweist – einer kleinen Schunkel-Ode an das Bier: „It shrinks my brain, it fills my belly.“ In diesem Sinne: Möge es allen gut schmecken. Prost!
Das große Das-Gras-Wachsen-Hören
Wo einst bloß uniforme Charts-Helden regierten, erblühen nun charmanter Neo-Folk, abgründige Emotionen und kleinteilige Business-Strukturen: Österreichs Musikszene erfindet sich gegenwärtig neu – und sucht den Weg von der Nische in den (alternativen) Mainstream.
17.11.2008 | profil 39/2008