Severin Groebner
ÜBERHALTUNG
Nehmen Sie Haltung an! Gerne, aber welche? Ist die Haltung gemeint von der man Schäden bekommt? Oder die Haltung, die mit Zäunen und Futtermittel uns mit eiweißhaltiger Nahrung versorgt. Vielleicht artgerecht, wichtiger aber zeitgerecht.
Oder die Haltung zur Welt? Besonders schwierig, weil ja die Welt selbst so haltlos ist. Severin Groebner, selbst Halter zahlreicher Kleinkunstpreise und regelmäßiger Unterhaltungsbeauftragter für die Wiener Zeitung und WDR hält inne und verteilt Haltungsnoten für Haltungsnöte. Genaueres weiß man nicht, Haltung kann man eben nur annehmen.
Dieter-Hildebrandt-Preis 2022 für Severin Groebner!
Mit dem Charme und der Boshaftigkeit des Wiener Humors legt Severin Groebner (*1969) in einer beeindruckenden Beredtheit, deren Wortdichte die ganze Aufmerksamkeit des Publikums erfordert, den Finger in die Wunden der Gesellschaft, rührt am Gewissen und das mit großer Vergnüglichkeit. Geographisch beschreibt er sich selbst als gebürtigen Wiener, gelernten Österreicher, gewesenen Münchner und gebliebenen Frankfurter. Schlau und witzig, mit viel schwarzem Humor, zeichnet er die Szenarien, die uns und unsere Welt bedrohen: Klimawandel, Populismus, Rechtsnationale, Fake-News und alternative Fakten, Rechtsverlust, ein dem Luxus geschuldeter hemmungsloser Umgang mit den Ressourcen…
Als Kabarettist, Autor und Schauspieler ist er auf der Bühne wie im wirklichen Leben eine ‚multiple Persönlichkeit‘ und jede einzelne Abspaltung ist auch noch sehr musikalisch.
Das Wort beherrscht er mündlich wie schriftlich treffsicher, so auch als regelmäßigerer Kolumnist in der Wiener Zeitung und der taz.
Severin Groebner zeichnet eine große Vielseitigkeit aus, als Kabarettist (sechs Soloprogramme) wie als Schauspieler in den diversen Ensembles des Lustspielhauses, ob als Siegfried oder im Watzmann.
Legendär war er als lebendiges Alltagsmonster an der Seite des Comiczeichners Christian Moser. Auf der Bühne betrieben und erklärten sie gemeinsam die Wissenschaft der „Monster des Alltags“. Wer kennt sie nicht, diese Monster wie „Die innere Leere“, die eine penetrante Langweilerin ist. Oder die „Hypochondrie“, die Königin, die sich mit den großen Krankheiten der Menschheit abgibt, während sich das „Wehwehchen“ mit den banalen Dingen, wie eingewachsen Zehennägeln, begnügen muss. Severin Groebner personifizierte sie alle.
Mit dem Wiener Fatalismus skizziert er den „Abendgang des Unterlands“. Im Programm mit dem heute schon prophetischen Wortspiel erklärt er, dass das Völkerrecht gar nicht das Regelwerk beim Völkerball ist. Hätten die heutigen Despoten dieser Welt sich das Programm mal angeschaut, dann müssten Groebner und wir uns vielleicht des Nachts nicht mehr so viel Gedanken machen darüber, „was das Abendland eigentlich am Morgen danach macht“.
Groebner stellt die richtigen Fragen und wüsste auch die Lösung, nur leider fragen ihn die Diktatoren dieser Welt nicht. Den Dieter-Hildebrandt-Preis hat er sich trotzdem mehr als verdient.
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