Die Gruppe ‚Ja, Panik‘ bringt ein neues Album heraus, es heißt DIE GRUPPE, und meint sich selbst, und da fragen die ersten natürlich gleich: Wann? Wieso? Wie bitte? Warum jetzt?
Das ist alles in Ordnung und wird zu klären sein, aber wäre die viel bessere Frage nicht: Woher? Denn darin hat es ja seit jeher Streitigkeiten unter den Weisen gegeben, also was die kulturelle Biologie betrifft, die besagt, wo die Musik wohl ihren Ursprung hat. Im Kopf, behaupten manche. Im Bauch, glauben die nächsten. Andere meinen: in den Geschlechtsteilen. Es geht bunt durcheinander. Nichts davon trifft auf DIE GRUPPE zu. Und wenn es nicht schon wieder so furchtbar akademisch klänge, was eigentlich nicht sein muss, dann würde man jetzt mit Sprungfederschuhen zur These aufhüpfen: Dieses Album handelt sogar davon, dass die Musik (und die gesamte Kunst) nur wirklich ganz selten aus einer simplen, punkt- oder organförmigen Verortung herausblubbert. Sondern aus dem Wechsel zwischen den Welten, dem Übergang von einem erkenntnispraktischen Aggregatzustand zum anderen. Dem Glitsch zwischen den gegeneinanderkantenden Dimensionen, der ab und zu Geräusche macht ...
...und die klingen dann so. „Im Gegenteil:/ Wir steigen aus/ wir steigen ein/ denn wer zu lange Gespenst spielt/ wird bald selber eins sein“, das waren die Worte, mit denen Andreas Spechtl, Sänger, Gitarrist und Songautor von Ja, Panik, das 2016 in der Gruppe erstellte Buch FUTUR II beschloss. Auch hier ging es darum, wie Dichtung, Performance und Pop immer nur im manchmal grausamen Wechselspiel von Widersprüchen entstehen können, zwischen Bewusstsein und Rausch, Kollektiv und Einzelnen, Kommerz und politischer Mission.
Die Verse aus dem Buch könnte man der neuen Platte als Motto voranstellen. Sie erzählt genau an der Stelle weiter. Oder rückwärts in sie hinein. Und das Gespenst, von dem die Rede war: Gewissermaßen ist es die fahle, aber umso freundlichere Reiseführerin oder der Reiseführer durch DIE GRUPPE.
Ein Album voller Wunder und Schrecken, Rätsel und Leuchtfeuer, Gewebe und Löcher, fließender Geschichten und Slogans, die man sich auf die Stirn stempeln will. Vor allem: ein Werk, wie man es in der an Höhepunkten nun wirklich nicht geizigen Diskografie von Ja, Panik noch nicht gehört hat, nicht ansatzweise.
Aber kurz zu den Fragen vom Anfang, den anderen. Ja, Panik bestehen 2021 aus Andreas Spechtl, Stefan Pabst (Bass), Laura Landergott (Keyboards & Gitarre) und Sebastian Janata (Schlagzeug). Als Gast ist hier Rabea Erradi dabei, die offiziell nicht zur Besetzung gehört, als Saxophonistin für die neue Musik jedoch eine absolut tragende Rolle spielt. Die elf Stücke wurden 2019 fertig geschrieben, die Demos entstanden im Frühjahr 2020 in Tunesien, die Pandemie verzögerte dann die eigentlichen Aufnahmen im Burgenländischen Heimstudio bis in den Herbst hinein. DIE GRUPPE, das nach LIBERTATIA (2014) insgesamt sechste Album, ist zudem das erste überhaupt, das Andreas Spechtl ganz ohne fremde Hilfe produziert hat.
diegruppejapanik.com
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