Kritische Literaturtage Salzburg 2016
02. bis 04.12. Literaturmesse für neue, kritische und politische Literatur. Eintritt frei!
ARGE lesung
Kritische Literaturtage Salzburg
Zum zweiten Mal präsentieren wir diese Literaturmesse, die auch vielen kleineren, unabhängigen Verlagen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum die Möglichkeit gibt, sich einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Parallel zu den Ausstellungen der Verlage wird ein umfangreiches Lesungs-, Diskussions- und Kulturprogramm geboten. Der Eintritt ist an allen Tagen und bei sämtlichen Veranstaltungen frei! Öffnungszeiten: Freitag 15 bis 22 Uhr, Samstag 14 bis 22 Uhr und Sonntag 11 bis 17 Uhr.
Zum zweiten Mal präsentieren wir diese besondere Literaturmesse in Salzburg.
Kleine, unabhängige Verlage sind wichtig! Nicht Verkaufszahlen treiben diese Verlage an, sondern die Überzeugung wichtige Inhalte in die Öffentlichkeit zu tragen und die Begeisterung für gute Texte. 30 Verlage präsentieren ihr Programm in der ARGEkultur und stellen ausgewählte Titel bei Lesungen und Präsentationen vor. Heuer liegt einer der Schwerpunkte auf dem regionalen verlegerischen Schaffen.
Alle ausstellenden Verlage
Leseprogramm
Freitag, 2.12.
15:00 • Studio • Mandelbaum Verlag
Andreas Pittler „Das Totenschiff“
In Pittlers Roman gelingt es dem Protagonisten David eine Schiffspassage nach Palästina zu ergattern, doch das Schiff entpuppt sich als alter Schrottkahn... Als man schließlich doch den Hafen von Istanbul erreicht, lässt aufgrund der fehlenden Einreisedokumente nach Palästina die Türkei keinen einzigen Menschen an Land gehen. Nach 10 Wochen Wartezeit im Hafen wurde das fahrunfähige Schiff mit nahezu 800 Flüchtlingen wieder aufs offene Meer geschleppt, wo es schließlich von einem Torpedo unbekannter Herkunft versenkt wurde. Dabei starben alle Menschen an Bord; nur ein einziger, der 19-jährige David Stoliar, überlebte.
Andreas Pittler arbeitet in seinem Briefroman ein fast vergessenes Kapitel des Holocaust auf, die Judenverfolgung unter dem rumänischen Diktator Antonescu. Er lehnt sich sehr eng an die historischen Verhältnisse an. Die Parallelen zur heutigen Situation sind erschreckend!
16:00 • Studio • KZ Verband/Vda Salzburg
Christa Bauer Rechtsextremismus in Österreich
In der rechtsextremen Szene hat eine „Identitätenmischung“ stattgefunden. Es ist nicht immer einfach zu erkennen, wer zur rechten Szene gehört. Die Kleidung wird „cooler“ – modische Accessoires und Mainstream-Produkte statt Schläger-Outfits. Mit jugendkulturellen Codes auf der Kleidung, deren Bedeutung in der Regel nur in der Szene bekannt ist, outet man sich szeneintern. Es wird daher immer schwieriger, rechtsextreme Modemarken, Symbole, Szene- und Dresscodes zu decodieren. Christa Bauer gibt Informationen zu rechtsextremer Musik, Kleidung, Symbolen, zu Codes, Begriffen und Abkürzungen sowie rechtsextremen Organisationen und Bewegungen, ergänzt um Hintergründe zu rechtsextremen Jugendkulturen.
17:00 • Studio • PapyRossa Verlag
Alfred J. Noll Der rechte Werkmeister Martin Heidegger nach den „Schwarzen Heften“
Die Veröffentlichung von Heideggers „Schwarzen Heften“ hat „eingeschlagen“. Wo bisher Mutmaßungen herrschten, besteht nunmehr Gewissheit: Schon vor 1933 stimmte Heidegger der Errichtung eines faschistischen Herrschaftssystems vorbehaltlos zu; vor 1945 verteidigte er konsequent und vollmundig Führerstaat und Diktatur, Barbarei und Kriegseintritt, Manipulation und Deutschtümelei – nach 1945 rechtfertigte er das NS-Regime, relativierte die NS-Verbrechen und hielt weiterhin am „geistigen Nationalsozialismus“ mit aller Entschiedenheit fest. Die Lektüre der „Schwarzen Hefte“ belegt, dass Heideggers sogenannte „nationalsozialistische Verstrickung“, die direkte Folge und der unmittelbare Ausdruck seines fundamental-ontologischen Denkens war.
18:00 • Studio
Lou Marin „Rirette Maîtrejean. Attentatskritikerin, Anarchafeministin, Individualanarchistin.“ Graswurzelrevolution
Rirette Maîtrejean (1887-1968), Anarchafeministin und Individualanarchistin im französischen Milieu libre vor dem Ersten Weltkrieg, wandte sich in ihren „Souvenirs d’anarchie“ (1913) entschieden gegen anarchistische Attentate und Raubüberfälle, von denen besonders die „Affäre Bonnot“ bis heute erinnert wird. Die daraus entstandenen konfliktgeladenen Diskussionen führten zur Schwächung der anarchistischen Massenbewegung beim Kriegseintritt Frankreichs 1914.
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg begegnete sie Albert Camus, der ihre Erfahrungen in seiner Kritik des Nihilismus ausformulierte.
Diese Biographie mit einer Auswahl übersetzter Artikel bietet die Möglichkeit, sich mit Leben und Werk der bisher im deutschsprachigen Raum unbekannten Rirette Maîtrejean auseinanderzusetzen.
19:00 • Studio • edition mosaik
Nacht der Salzburger Verlage „Zweifel zwischen Zwieback“
Es lesen: Lisa Viktoria Niederberger, Veronika Aschenbrenner und Andreas Reichelsdorfer.
Details siehe Nacht der Salzburger Verlage
Samstag, 3.12.
14:00 • Studio • edition grundrisse
Robert Foltin „Die Rote Garde in Wien“
Im Herbst 1918 zerbricht die Donaumonarchie. Armee und staatliche Institutionen des Reiches zerfallen. Anfang November wird in Wien die Rote Garde gegründet um das Proletariat vor der Reaktion zu schützen. Droht eine Konterrevolution? Aufrührerische Bewegungen nehmen im Hungerwinter 1918/19 zu und nach der Ausrufung der ungarischen Räterepublik im März 1919 scheint sogar in Wien die Revolution vor der Tür zu stehen. Ist eine revolutionäre Räterepublik möglich? Das beansprucht unsere Revolutionärinnen und Revolutionäre aus dem „Herbst 1918“. In dieser Situation wird der Reaktionär und Antisemit Hauptmann Otto Reinsfeld umgebracht. Jakob soll der Mörder sein…
„Die Rote Garde in Wien“ ist eine Fortsetzung von „Herbst 1918, ein Anfang“.
15:00 • Studio • Die Buchmacherei
Dieter Braeg Charles Bettelheim: „Die Klassenkämpfe in der UdSSR“
Charles Bettelheim, einer der profiliertesten marxistischen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, befasste sich Jahrzehnte mit Ökonomie und Politik der Sowjetunion. Der französische Jungkommunist wurde zuerst ein Kritiker des Stalinismus, war später stark maoistisch beeinflusst, um dann in seiner letzten Lebensphase das bolschewistische Revolutionsmodell einer grundsätzlichen Kritik von links zu unterziehen. In über 600 Seiten untersuchte und analysierte er „die Welt der Herrschenden“ und „die Welt der Beherrschten“. Das bisher nur auf Französisch lesbare Werk wurde von Andreas Förster übersetzt.
15:00 • Seminarraum • GegenStandpunkt
Amelie Lanier J. Köper & U. Taraben: „Der Fall Griechenland“
Fünf Jahre Krise und Krisenkonkurrenz: Europa rettet sein Geld – die deutsche Führungsmacht ihr imperialistisches Europa-Projekt. Alle Welt weiß: Griechenland ist ein Problem.
Aber was für eins? Ein humanitäres? Ein finanzwirtschaftliches? Ein ordnungspolitisches? Eines für den Euro? Für Brüssel? Für Deutschland? Für die Griechen?
Was für eins auch immer: Alle Welt kennt, vermisst, wünscht, fordert – eine Lösung.
Der Suche nach Lösungsvorschlägen verweigert sich die hier vorgelegte Aufsatzsammlung. Sie erklärt den innereuropäischen Imperialismus, der nicht nur den Griechen Probleme macht. Und warum der alles andere als Lösungsvorschläge für seine Probleme verdient.
16:00 • Studio • Edition Tandem
Edith Maria Engelhard „„Der Komponist““
Einen Jahrhundert-Sommer hatte man prognostiziert! Eine Freundschaft, die das Jahrhundert überdauern würde, sollte er einläuten!
In jungen Jahren war er der aufstrebende Stern am Komponisten-Himmel. Von den „Meistern der Postmoderne“ gefördert, von den Musen geherzt, war er schon auf dem Sprung, eine Ausnahmekarriere zu machen.
Er ist kein schöner Mann. Eine blasse Gestalt ist er. Ein Antiheld. In jenem Sommer streckt er, mit dem Mut des Verzweifelten, die Hand nach ihr aus.
Nach ihr, seiner über Jahre konservierten Sehnsuchtsliebe.
Einführung: Walter Müller
17:00 • Seminarraum • Mandelbaum Verlag
Martin Birkner „Alle Verhältnisse umzuwerfen…“
Obwohl der gegenwärtige Protestzyklus zu den beeindruckendsten der Geschichte zählt, hat er nicht zu einer nachhaltigen Verschiebung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse geführt. Ganz im Gegenteil, emanzipative Ideen entfalten just in der fundamentalsten Krise des Kapitalismus seit 90 Jahren kaum Wirkungsmacht.
In acht Gesprächen spüren die Herausgeber Ernest Kaltenegger, Leo Kühberger & Samuel Stuhlpfarrer aktuellen und grundsätzlichen Fragen der Linken nach: dem Umgang mit der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung, den multiplen Krisen der Gegenwart und nicht zuletzt den wirkmächtigen Ansätzen eines nachkapitalistischen Gesellschaftsentwurfs. Acht weitere Beiträge ergründen die vielfältigen Potenziale künstlerischer Intervention und problematisieren strukturelle Fragen und solche der Vermittlung linker, antikapitalistischer Inhalte.
17:00 • Studio • Septime Verlag
Marlen Schachinger „Martiniloben“
Mona will der kalten Anonymität, dem aggressiven Gegeneinander und dem permanenten Stress in der Stadt entfliehen. Sie zieht in ein Dorf an der Landesgrenze, wo sie sich Ruhe und ein solidarisches Miteinander erhofft. Fortan pendelt sie zwischen beiden Lebenswelten und stellt fest, dass diese sich im Innersten ähneln. Das Dorf entpuppt sich als ebensolche Hölle wie die Stadt – nur mit einer anderen Dynamik: Mikrokosmos einer Gesellschaft, deren Klima durch Unsicherheit und Ängste dominiert ist, die einen radikalen Egozentrismus und rechte Tendenzen hervorrufen. Der vermeintlich erstarkte Gemeinschaftssinn äußert sich in manipulativer Sozialkontrolle. Als Mona sich für die im Dorf untergebrachten Flüchtlinge einsetzt, erfährt sie Missgunst und Ausgrenzung am eigenen Leib. Durch Gerüchte genährt und Hetze geschürt, kippt die Stimmung im Dorf in Übergriffigkeit. Zum Martiniloben, dem Fest des Jahres, dem großen ländlichen Sauf- und Fressgelage, eskaliert die Situation.
18:00 • Studio • KZ Verband/Vda Salzburg
Christian Kaserer Stationen von Flucht und Widerstand – Von Zweig bis Rosa Hofmann
Der Mozartstadt Salzburg brachte der NS-Faschismus die einzige Bücherverbrennung auf Österreichischem Boden. Wer konnte, der floh vor den Nazis oder leistete Widerstand. Anhand von exemplarischen zeitgenössischen Texten sollen Stationen von Flucht und Widerstand aufgezeigt werden. Es werden u. a. Schriften von Charlotte Herzfeld und A. M. Frey gelesen sowie bisher nicht bekannte Auszüge der Korrespondenzen von Rosa Hofmann und Stefan Zweig.
19:00 • Studio • edition tarantel
Gerald Grassl (Hrsg.) „Der Hegemon erwacht – Sagen und Geschichten zur Geschichte der Juden in Salzburg“ Band 2
Aus dem Vorwort: Das ist kein Sagenbuch, es ist auch kein Sagen- und Geschichtenbuch, erst recht keine wissenschaftliche Publikation. Vielleicht passt am besten die Bezeichnung „Materialsammlung“ von Sagen, Geschichten, Gedichten und wissenschaftlichen Beiträgen. Ursprünglich plante ich, unbekannte (nicht nur) jüdische Sagen aus Wien und den Bundesländern zu sammeln. Ich war der Ansicht, dass Sagen sozusagen „literarische Illustrationen“ zur Geschichte wären, doch je länger ich mich mit diesem Thema beschäftigte, umso mehr verstärkte sich mein Eindruck, dass die Mehrzahl der publizierten Sagen-Erzählungen im deutschsprachigen Sprachraum viel mehr Geschichtsfälschungen verstärken, also eher der Verdummung denn der Wissensvermittlung dienlich sind. Aber selbst die Geschichtswissenschaft muss laufend in ihren Erkenntnissen/Feststellungen revidiert werden …
Sonntag, 4.12.
12:00 • Studio
Stefanie Sargnagel & Marko Dinic
Bachmann-Preis reloaded. Eine literarische Matinee zwischen Melange und Dosenbier.
Detailprogramm siehe Stefanie Sargnagel & Marko Dinic
13:30 • Studio • Größenwahn Verlag
Sewastos Sampsounis (Hrsg.) „Zimt für Deutschland“ •
„Heimat – Version Alpha“ •
„Die Frauen von Istanbul“
„Zimt für Deutschland“ – Gedichte von Tibor Schneider
Tibor Schneider ist einer von diesen Lyrikern, der endlich mal echte Nägel auf den Rücken malen kann und provozierend kritisch mit Formen-Normen-Gesetzten umgeht. In seinem Debüt-Lyrikbuch bietet er ein spezielles Gewürz an, Zimt, als Metapher für die Toleranzgrenze der deutschen Gesellschaft. Mit seinen Re-Dada-Gedichten fragt er gezielt nach dem Zusammenhang des Seins.
„Heimat-Version Alpha“ – Anthologie, Sampsounis (Hrsg.)
Kommen Sie mit auf die Reise durch das Land des Selbstwertes. Überqueren Sie den Charakter-Fluss, ersteigen Sie die Berge des Denkens, erkunden Sie das Meer der Weltbilder und fliegen Sie hoch über die Wolken der Ideologie. Freie Geister führen Sie sicher durch diese Buchseiten der Möglichkeiten.
„Die Frauen von Istanbul“ – Erzählungen von Gaye Boralioglu
Gaye Boralioglu, eine der bekanntesten und erfolgreichsten türkischen Autorinnen der Gegenwartsliteratur, hebt den Schleier der islamisch-konservativen Herrschaft und erlaubt uns einen Blick in eine unbekannte Gesellschaft. In ihren Erzählungen erheben sich Frauencharaktere zwischen der Sehnsucht nach Freiheit und den kulturellen Normen und Gesetzen ihres Landes.