Didi Neidhart „I failed to be(come) Humankapital ...“
Plakatserie. Ausstellungsdauer: 13.-23.11.
ARGE schwerpunkt
ARGE open mind festival
Die Plakatserie „I FAILED TO BE(COME) HUMANKAPITAL...” kartografiert die Analytik diskursiver Stränge und Linien des Scheiterns entlang der Kategorien class, race, sex/gender anhand banaler, komplexer, plakativer, naseweiser wie widersprüchlicher Begrifflichkeiten, die u. a. auch zeigen, woran zu scheitern es sich vielleicht doch lohnt.
Die Kunst des schönen Scheiterns, das Scheitern als schöne Kunst gehört ebenso wie der Topos vom armen KünstlerInnenleben zu jenen Klischeebildern, die spätestens seit dem 19. Jahrhundert den bildungsbürgerlich-romantisierenden Blick auf KünstlerInnenbiografien bestimmen und trüben. Diese Art Kunstgenuss durch das stellvertretende Leiden und Scheitern anderer kennen wir u. a. als das trotz allem immer noch vorherrschende (weiße) Rezeptions-Muster von z. B. afro-amerikanischer Musik. Denn, wo es Leiden und Scheitern gibt, vermutet das bürgerliche Subjekt (und alle anderen, die sich davon angesprochen fühlen) bekanntlich das Nicht-Entfremdete in Form von Wahrheit, Authentizität, Identität.
Im Zeichen eines global agierenden Neoliberalismus werden diese Klischees jedoch immer mehr für das Funktionieren eines möglichst dereguliert agierenden Kapitalismus instrumentalisiert. Nicht nur Geiz ist geil, auch Risiko und Scheitern sind geil (bzw. machen geil). Von der Kunst lernen bedeutet für die globalen Finanzmärkte unter dem Slogan „die Krise (das Scheitern) als Chance nutzen“ siegen lernen.
Dieser, vom neoliberal agierenden Kapitalismus instrumentalisierten, Ideologie des Scheiterns (wonach der Kapitalismus nie, Revolutionen jedoch alle gescheitert sind) müssten demnach andere Konzepte entgegengebracht werden. Nur welche? Wenn es schon keine Revolution gibt, gibt es dann zumindest so etwas wie ein revolutionäres Scheitern? Wo lohnt es sich zu scheitern? Wo wird dieses Scheitern wieder zu einem Zwang und zu einer neuen Seinsordnung instrumentalisiert (etwa als prekäres Subjekt a.k.a. digitales Lumpenproletariat in der Kreativ-Industrie)?
Wenn Samuel Beckett sagt „Scheitern, nochmals scheitern, besser scheitern“, entgegnen Bronski Beat „Why?“ und Andy Warhol ergänzt „Failure presents an opportunity rather than a dead end“.
In „The Queer Art of Failure“ (2011) geht Judith „Jack“ Halberstam noch einige Schritte weiter.
„Capitalism produces some people's success through other people's failures“, wobei unter dem Scheitern, bzw. dem/der Gescheiterten auch „the map of political paths not taken“ zu verstehen ist. Andererseits stellt sich die politische Frage, ob es nicht auch möglich ist, eine Art „resistance through failure“ herzustellen.